Schlumpf007
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Cinerenta: OLG München verurteilt Wirtschaftsprüfer zu Schadensersatz

Fonds Professionell (13.04.06) - Wie die Rechtsanwältin Katja Fohrer von der Münchner Kanzlei Mattil & Kollegen mitteilt, hat sie in Kooperation mit dem Bremer Anwalt Wilhelm Segelken ein Urteil vor dem Oberlandesgericht München erstritten, wonach die Münchner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Contor GmbH zum Schadensersatz an einen geschädigten Anleger der Cinerenta Filmfonds II und IV verurteilt wurde (Az: 21 U 5051/05). Die Contor GmbH hatte bei den Cinerenta-Medienfonds II, III und IV sowohl als Mittelverwendungskontrolleurin als auch als Treuhänderin fungiert.

„Damit ist es einem Cinerenta-Anleger erstmals gelungen, eine Verurteilung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu erwirken“, erklärt die Juristin. „Der Kläger hatte sich 1998 und 1999 mit einer Kommanditeinlage in Höhe von insgesamt 100.000 D-Mark an dem Münchner Filmfonds Cinerenta II und im Jahr 2000 an dem Filmfonds Cinerenta IV in Höhe von 25.000 D-Mark als Kommanditist beteiligt.“ Der Fonds Cinerenta II sollte - ebenso wie der weitere Fonds Cinerenta III - über eine Erlösausfallversicherung abgesichert sein. Diese sollten für den Fall, dass die Filme sich zu Flops entwickeln würden, den Erlösausfall leisten, so dass auf diese Weise ein Großteil der Nettoproduktionskosten abgesichert und das Verlustrisiko des Anlegers begrenzt sein sollte. Beim Nachfolgefonds Cinerenta IV hätten Garantien als Absicherungsmechanismus gedient. „Die Absicherung der Fonds über eine Erlösausfallversicherung beziehungsweise über Garantien war für die Anleger das entscheidende Kriterium, sich an den Filmfonds überhaupt zu beteiligen“, so Fohrer weiter.

Erlösausfallversicherer war nur eine Briefkastenfirma in Panama

Als besonderes Qualitätsmerkmal habe dem Anleger die Tatsache gedient, dass eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, hinter der der renommierte Rechtsanwalt Professor Dr. Alexander Hemmelrath steht, als Mittelverwendungskontrolleurin und Treuhänderin fungierte. „Im Jahre 2002 stellte sich aber heraus, dass die Fondsgesellschaft eine Erlösausfallversicherung mit Sitz in Panama ausgewählt hatte, die sich als reine Briefkastenfirma entpuppte und mittlerweile insolvent ist“, so Fohrer. So habe der Anleger der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Contor GmbH vorgeworfen, ihre vertraglichen Pflichten als Mittelverwendungskontrolleur und Treuhänder verletzt zu haben, weil sie die Versicherung nicht ausreichend überprüft hatte, bevor sie die Anlegergelder freigab. Darüber hinaus hatten die Juristen einen Prospektfehler geltend gemacht, weil das Risiko der Erlösausfallversicherung nicht ausreichend im Prospekt dargelegt sei, und sich dabei auf die strafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München I gestützt, die sich nicht nur gegen die Fondsverantwortlichen Eberhard Kayser und Mario Ohoven, sondern auch gegen den Geschäftsführer der Treuhandkommanditistin und Mittelverwendungskontrolleurin Contor GmbH, den Rechtsanwalt Prof. Alexander Hemmelrath, richten würden.

In erster Instanz war die Klage vom Landgericht München I abgewiesen worden, mit der Begründung, die Contor GmbH habe keine Pflichten aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag verletzt, denn aus dem im Prospekt abgedruckten Vertrag ergebe sich schließlich der rein formale Charakter der Mittelverwendungskontrolle. „Das Oberlandesgericht München hat jetzt das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum Schadensersatz an den Anleger verurteilt“, so Fohrer. Das Berufungsgericht habe die Auffassung vertreten, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorvertragliche Aufklärungs- und Informationspflichten verletzt habe, da sie es als im Prospekt erwähnte Treuhänderin und Mittelverwendungskontrolleurin versäumt habe, die Anleger davon in Kenntnis zu setzen, dass es sich bloß um eine rein formale Mittelfreigabekontrolle handele und gerade nicht die wirtschaftliche Absicherung überprüft würde.

Verurteilter Wirtschaftsprüfer wehrt sich – Nicht-Zulassungsbeschwerde beim BGH

Die Contor Treuhand GmbH wehrt sich gegen das Urteil des OLG München. „Zunächst bleibt festzuhalten, dass das Urteil noch gar nicht in schriftlicher Form vorliegt und somit noch nicht einmal rechtskräftig ist“, erklärt Alexander Hemmelrath, einer der Geschäftsführer der Contor Treuhand GmbH. Zudem hätten die Richter in der Verhandlung vor dem Oberlandesgericht keineswegs beanstandet, die Contor Treuhand GmbH sei ihrer Aufgabe als Mittelverwendungskontrolleur nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Vielmehr habe das Gericht bemängelt, die Contor Treuhand GmbH hätte jeden einzelnen Anleger persönlich über den Umfang die Ergebnisse der Mittelverwendungskontrolle informieren müssen. „Das aber ist in der Praxis überhaupt nicht möglich“, so Hemmelrath, „denn wir kennen die einzelnen Anleger vor ihrer Beteiligungsentscheidung gar nicht, haben gar keinen Kontakt zu ihnen.“ Zudem seien im Prospekt sowie im Mittelverwendungskontrollvertrag die Einzelheiten der Mittelverwendungskontrolle sowie der Umfang der von der Contor Treuhand GmbH durchzuführenden Mittelverwendungskontrolle sehr ausführlich beschrieben. Deshalb will Hemmelrath gegen die Entscheidung vorgehen. „Da das Gericht die Revision nicht zugelassen hat“, so der Jurist, „bleibt uns in diesem Falle nur der Weg über eine Nicht-Zulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof, um eine Rechtskraft des Urteils zu vermeiden.“

Die auf die Vertretung geschädigter Filmfondsanleger spezialisierte Anwältin Fohrer, die rund 100 geschädigte Anleger der Cinerenta Medienfonds II, III und IV vertritt, sieht dagegen in dem von ihr erstrittenen Urteil einen Meilenstein für geschädigte Filmfondsanleger: „Viele Fonds werben mit einer Mittelverwendungskontrolle durch eine renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Absicherungskriterium, obwohl vertraglich eine bloße Formalprüfung vorgesehen ist und die Mittelverwendungskontrolle zu einer reinen Farce verkommt“, so Fohrer. „Das Urteil belegt nun, dass auch eine noch so geschickte vertragliche Formulierung den Wirtschaftsprüfer nicht vor einer Haftung schützt.“

Für Anleger im Cineranta IV ist höchste Eile geboten

Besondere Bedeutung misst Fohrer dem Urteil für Anleger des Fonds Cinerenta IV bei. Bei diesem Fonds könne täglich die Verjährung der Schadensersatzansprüche drohen, da die Verjährung vertraglich auf fünf Jahre - möglicherweise bereits ab dem Beitrittsdatum - beschränkt sei und viele Anleger sich im Jahre 2001 beteiligt haben. „Obwohl das Oberlandesgericht eine längere Verjährungsfrist angenommen hat, sollte man sich die Verjährungsdiskussion ersparen und schnellstmöglich seine Schadensersatzansprüche gegen die Contor GmbH gerichtlich geltend machen“, rät die Münchner Anwältin. (hh)

(Quelle: http://www.FONDSprofessionell.de)

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