Sinn und Unsinn von Börsenzeitschriften

Zu den wichtigsten latenten (aber als solche dann strategisch nutzbaren und genutzten) Funktionen der meisten Börsenblätter gehört es, Leute ohne Entscheidungsfreudigkeit mit vorgekauten Entscheidungsmöglichkeiten zu versorgen. Der "Normalmensch" treibt steuerlos im Strom der Verhältnisse; also müssen ihm Entscheidungsvorlagen vorgelegt werden.

Und wenn die Masse dann beginnt Einfluß auf die Kurse zu nehmen, kann der Chartprofi auf diesen Zug aufspringen und abspringen.

Börsenzeitungen halten, könnte man sagen, die Anleger wach. Sie erzeugen eine ständig erneuerte Bereitschaft, mit Überraschungen, ja mit Störungen zu rechnen. Insofern passen diese Massenmedien zu der beschleunigten Eigendynamik von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, welche die Gesellschaft ständig mit Problemen konfrontieren.

Zudem sind die besonderen Aufmerksamkeitsfänger der Börsenblätter QUANTITÄTEN. Quantitäten sind immer informativ, weil eine bestimmte Zahl keine andere ist als die genannte - weder eine größere noch eine kleinere.

Und das gilt unabhängig davon, ob man den Sachverhalt versteht (also weiß oder nicht weiß was ein Bruttounsozialprodukt oder ein Kursverlustverhältnis ist).

Der Informationswert kann im Medium der Quantität gesteigert werden, wenn man Vergleichszahlen hinzufügt - seien es zeitliche, seien es sachliche.

Über Quantifikation können also substanzlose Aha-Effekte und zugleich mehr Informationen für die erzeugt werden, die sich auskennen.

Das Hauptproblem unserer Zeit besteht nicht mehr in der Beschaffung von Information, sondern vielmehr in deren richtigen Interpreation unter "schlachtfeldähnlichen" Bedingungen. Auf diese Problematik wies auch schon der preußische Militärhistoriker Carl von Clausewitz in seinem Buch "Vom Kriege" hin:

"Diese Schwierigkeit ist nicht unbedeutend bei den ersten Entwürfen, die auf dem Zimmer und noch außer der eigentlichen Kriegssphäre gemacht werden.

Aber unendlich größer ist sie da, wo im Getümmel des Krieges selbst eine Nachricht die andere drängt; ein Glück noch, wenn sie, einander widersprechend, ein gewisses Gleichgewicht erzeugen und die Kritik selbst herausfordern.

Viel schlimmer für den Nichtgeprüften, wenn ihm der Zufall diesen Dienst nicht erweist, sondern eine Nachricht die andere unterstützt, bestätigt, vergrößert, das Bild mit immer neuen Farben ausmalt, bis die Notwendigkeit uns in fliegender Eile den Entschluß abgedrängt hat, der - bald - als Torheit erkannt wird, so wie alle jene Nachrichten als Lügen, Übertreibungen, Irrtümer usw.

Mit kurzen Worten: die meisten Nachrichten sind falsch, und die Furchtsamkeit der Menschen wird zur neuen Kraft der Lüge und Unwahrheit."

Gruss Kobban

Ich glaube nicht, dass sehr erfolgreiche Trader ihren Erfolg aufgrund des Studiums von Börsenzeitschriften zu verdanken haben.

Aber ganz ohne Informationen (das heißt ohne Internet, Zeitungen etc.) wird sicherlich auch niemand ein erfolgreicher Trader werden können.