Dieses Jahr brachte uns wieder nur schwache Erträge. Trotz einer großen Flächenausdehnung kommt nur eine unterdurchschnittliche Erntemenge zusammen. Über diese Flächenausdehnung von immerhin 10% auf 276.000 Hektar wird in der Branche aber hitzig diskutiert. Der Flächenzuwachs soll hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen stattgefunden haben und ist für die Marktbeteiligten in dieser Höhe nicht nachvollziehbar. Schließlich haben die Landwirte für eine derart große Anbaufläche keine Beihilfeanträge gestellt. Geht man davon aus, dass dort keine Anbauausdehnung stattfand und die angenommenen Hektarerträge stimmen, dürfte das deutsche Ernteergebnis nur 10,1 Mio. Tonnen betragen.
Aber auch die angenommenen Hektarerträge stehen unter Beschuss. Im Bundesmittel sollen vom Hektar durchschnittlich nur 377 dt gewachsen sein. Im Dürrejahr 2018 waren es mit 354 dt noch weniger. Man muss schon bis ins Jahr 2003 zurück gehen, um vergleichbar kleine Hektarerträge für Deutschland vorzufinden. In vielen Bundesländern gehen die Beobachter vor Ort für dieses Jahr aber von höheren Erträgen aus. Vorsichtshalber hat die Presseabteilung des Ministeriums mitgeteilt, dass das endgültige Ergebnis von dieser ersten Schätzung abweichen wird.
Unkritisch ist aber wohl, dass auch in diesem Jahr in Niedersachsen die meisten Kartoffeln in Deutschland gewachsen sind. Mit 4,9 Mio. Tonnen sind es jetzt knapp 50% der Ernte. Die meisten Betriebe hier können ihre Kartoffeläcker beregnen und der Durchschnittsertrag vom Hektar war mit 394 dt auch im Bundesvergleich recht ordentlich. Nur in Bayern, wo insgesamt 1,6 Mio. Tonnen geerntet werden lag der Ertrag mit 396 dt/ha höher. Die Erntemenge in Nordrhein-Westfalen wird vom Ministerium ebenfalls mit 1,6 Mio. Tonnen angegeben. Wenn die Marktbeteiligten mit ihrer Kritik Recht behalten, könnten es aber auch 300.000 Tonnen weniger sein.
Das magere Ergebnis in Deutschland ist ein Spiegelbild dessen, was in den anderen großen Kartoffelnationen in der EU passierte. Als Folge aus der viel zu kleinen Ernte in 2018 und den extrem niedrigen Endbeständen von Frischkartoffeln und Kartoffelprodukten wurden die Frühkartoffeln in ganz Europa zügig nachgefragt. Die Preise für Speisekartoffeln konnten sich bis zum Beginn der Haupternte auf einem für Landwirte erfreulich hohen Niveau halten. Notierungen für Verarbeitungsrohstoff sanken bis auf 10 €/dt, die aber kaum für freie Mengen zur Anwendung kommen, denn Landwirte lagern jetzt bevorzugt ein und liefern nur vorab verkaufte Mengen in die Fabriken.
Heute blieb die Belgapom-Notierung für Bintje und Challenger auf 10 €/dt, die Fontane Notierung zog aber um einen Euro/dt an. Dieses Signal führte bereits gestern an der Terminbörse in Leipzig, wo Futures auf Veredelungskartoffeln gehandelt werden, zu einem Kursanstieg von 50 Cent auf dem April-20-Terminkontrakt. Der Kurs von 16,2 €/dt hat auch heute Bestand.
Das nasse Wetter sorgte zuletzt für bessere Bodenverhältnisse und nun können Landwirte ihre Ernte bergen ohne die Knollen zu beschädigen. An den britischen Küsten fiel aber bereits zu viel Niederschlag sodass die Ernte unterbrochen werden muss. In Schottland hat es sogar schon Nachtfröste gegeben und die kürzeren Tage begrenzen die Verdunstungsraten. Die Ernte kommt also nicht mehr ganz so zügig voran.
Das kostet Zeit, die die Farmer nun nicht mehr für die Vermarktung haben, denn die Einlagerung hat jetzt in unseren Breitengraden oberste Priorität. Das trifft auch auf der anderen Seite des Atlantiks zu. Ähnlich wie im letzten Jahr fürchten nämlich die Kartoffelbauern auf der kanadischen Insel Prince Edward Island (PEI) um die Qualität ihrer Ernte. Letztes Jahr gab es dort bereits am 25. September starke Fröste, die die Ernte zu einem erheblichen Anteil unbrauchbar machte. Zwar gibt es dort aktuell noch keinen Frost aber die Saison startete im Frühjahr viel zu kalt, der Sommer war zu trocken, dann gab es Sturmschäden durch einen Hurricane und jetzt soviel Regen, dass die Ernte nicht vorankommt.
ZMP Live Expertenmeinung
Die deutsche Kartoffelernte 2019 wird vom Landwirtschaftsministerium auf 10,4 Mio. Tonnen geschätzt. Das sind 1,5 Mio. Tonnen mehr als im Vorjahr, als nur 8,9 Mio. Tonnen zusammen kamen aber rund 280.000 Tonnen weniger als im Fünf-Jahres-Mittel. Damit stünden für Exporte nach Polen und die Tschechische Republik genügend Mengen zur Verfügung.