Ein harter Brexit wäre schlimmer als das Russland-Importverbot (Worst Case Scenario)
Der europäische Vieh- und Fleischhandelsverband ( UECBV) hat eine Marktsituation für den Fall eines kompromisslosen Austritts Großbritanniens aus der EU für den schlimmsten Fall auf dem Fleischsektor untersucht.
Großbritannien als bedeutender Nettoimporteur von Rind-, Schwein- und Geflügelfleisch würde im Falle von Rindfleisch 84 % und im Falle von Schweinefleisch 48 % weniger vom EU-Festland importieren. Die Rindfleischpreise könnten mit dem geplanten Austritt am 29. März 2019 in der verbleibenden EU um 8 % und bei Schweinefleisch um 7 % zurückfallen. Bei dieser Berechnung ist der alternative Absatz in andere Drittländer unberücksichtigt geblieben.
Besonders betroffen sind Irland mit einem aktuellen Fleischexportanteil nach Großbritannien in Höhe von 56 % und Dänemarkmit einem Ausfuhranteil von 25 %. Allein die dänischen Bacon-Exporte auf die britische Insel betragen 82 %.
Die niederländischen Fleischausfuhren gehen zu 13 % nach Großbritannien. Aus Deutschland stammen knapp 10 %.
Es sind jedoch nicht nur die Mengen, die in Frage gestellt sind, sondern zusätzlich auch die möglichen Wertverluste. Die britischen Rindfleischpreise sind im Durchschnitt um 10 % und die Schweinepreise um rd. 20 % höher als in der EU. Irland ist besondere betroffen, weil überwiegend höherwertige Teilstücke mit hoher Konsumreife auf kurzem Wege nach Großbritannien gelangen. Der Nordirlandeffekt ist besonders gravierend.
Für die Briten könnte Fleisch erheblich teurer werden. Der UECBV rechnet im Falle der Rindfleischpreise je nach Wertigkeit der Teilstücke zwischen 36 bis 100 % Preissteigerung. Bei Schweinefleisch könnte die Preisinflation zwischen 20 bis 50 % betragen. Der alternative Bezug aus Nicht-EU-Exportländern ist zwar nicht gegengerechnet, aber die langen Transporte im Regelfall aus Übersee werden insbesondere das Frischfleischgeschäft besonders stark betreffen.
Eine Verteuerung entsteht auch schon durch die zunehmenden Kosten der Grenzkontrollen sowie neu zu erhebender Im- und Exportzölle.
Die Berechnungen für den schlimmsten Fall zeigen, dass beide Seiten erhebliche Verluste hinnehmen müssten. Es ist daher im beiderseitigen Interesse im Verhandlungswege nach Kompromisslösungen zu suchen. Dabei ist der Fleischhandelssektor nur ein kleiner Teil der Lösung für die gesamte Wirtschaft.