Die Kartoffelbauern stehen derzeit vor einer Reihe besonderer Herausforderungen. Vor der Anbauentscheidung steht die Frage, ob normale Erträge in diesem Jahr überhaupt realistisch sind. Im letzten Jahr war es über weite Teile der Vegetationsperiode zu heiß und zu trocken. Nur Landwirte mit Beregnungsmöglichkeiten konnten zufriedenstellende Erträge einfahren. Die NEPG stellt fest, dass in den letzten vier Jahren der Grundwasserspiegel in allen NEPG-Ländern unter dem Niveau der letzten zehn Jahre lag. Regnet oder schneit es in den nächsten zwei Monaten noch viel, könnten sich die Wasserreserven wieder aufbauen, ohne diese sind aber die Wasserreserven für den Kartoffelanbau zu klein.
Der Bundesverband der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie e.V. (BOGK) fürchtet schon ein erneutes Dürrejahr. Auf der Fruit Logistica in Berlin berichteten die Lobbyisten, dass das vergangene Jahr für die Mitglieder katastrophal war. Über alle Rohstoffe, die die Verbandsmitglieder verarbeiten, fehlten 25-50% Rohware. Man musste die Produktion zurückfahren und die Verbraucher konnten nur eingeschränkt beliefert werden, heißt es in einer Pressemeldung dieser Woche.
Auf eine solche Situation seien Bauern wie Verbraucher nicht eingestellt. Die Industrie fürchtet aber, dass man einen Großteil des Schadens alleine zu tragen hat. Die Lieferverträge mit dem Handel sind bereits jetzt für das gesamte Jahr 2019 abgeschlossen. Das lasse keinen Spielraum für Fehlmengen. Den Bauern müsse man nur bezahlen, was geliefert wurde, von der Industrie verlangt der Handel aber Schadensersatz für Fehlmengen. Für eine gerechtere Risikoverteilung fordert der Verband nun die Überarbeitung von Lieferverträgen und vertragliche Regelungen zu Miss- und Minderernten zwischen Industrie und Handel.
Bis Anfang Februar war es in Norddeutschland immer noch ungewöhnlich trocken. Außerdem wird für West- und Mitteuropa für die nächsten 14 Tage ein Hochdruckgebiet mit viel Sonnenschein vorhergesagt. Das setzte in dieser Woche die Terminmarktnotierungen für Veredelungskartoffeln unter Druck. Vom bisherigen Höchstkurs, der auf dem April-19-Termin bei 33 €/dt lag, ging es teils 3 €/dt runter auf die 30-Euro-Marke, die im Kassamarkt der meistgenannte Preis für Frittenrohstoff ist.
Die Verhalten der Einkäufer trägt auch dazu bei, die aufgeheizte Stimmung am Markt abzukühlen. Die Rohstoffversorgung sein in den kommenden Monaten sichergestellt, heißt es. Vertragsfreie Kartoffeln werden derzeit auch nicht mehr abgerufen. Unter den Kartoffelverarbeitern sei man derzeit entspannt schreibt die AMI heute und fügt hinzu, dass an diesem Wochenende die ersten nennenswerten Auspflanzungen erfolgen. Bei anhaltend günstigem Wetter geht es dann wohl zügig weiter. Für Westdeutschland werden in der kommenden Woche 15° und Sonnenschein gemeldet.
Während sich die Lage auf dem europäischen Festland etwas beruhigt hat, haben auf der britischen Insel die Exporteure in diesen Tagen gut zu tun. Vor dem drohenden Brexit am 29. März wollen die Käufer britischer Kartoffeln auf den Kanaren und dem spanischen Festland ihre Vorräte noch einmal ordentlich aufstocken. Die britischen Kartoffelhändler nutzten auch die große Öffentlichkeit auf der Fruit Logistica in Berlin, um ihren Politikern über eine Pressemeldung zu sagen, dass man dringend mehr Planungssicherheit benötigt. Insbesondere für den Verkauf von Pflanzkartoffeln in Länder wie Ägypten, Marokko und Israel. Hier hat die EU ein Abkommen, das nach dem 29. März für die Briten nicht mehr gilt. Die Saatgutkäufer in diesen Ländern wurden auf der Messe in Berlin von britischen Züchterhäusern mit Argumenten wie Pflanzengesundheit und der britischen Sortenvielfalt heiß umworben. Nach den WTO-Regeln würden zukünftig aber Zölle anfallen bis Großbritannien ein eigenes Handelsabkommen mit den Empfangsländern abgeschlossen hat.
ZMP Live Expertenmeinung
In den fünf Ländern der NEPG (Der Verband der Nord-Westeuropäischen Kartof-felbauern hat Mitglieder in NL, B, F, D, GB) gibt es in diesem Jahr zu wenige Pflanzkartoffeln. Meist fehlen Verarbeitungssorten. Ohne Lieferkontrakte ist es für die Bauern sehr schwer, die gewünschten Sorten zu bekommen. Trotz höherer Kontraktpreise, die die Kartoffelverarbeiter den Vertragsbauern bieten, kann sich die Anbaufläche zur Ernte 2019 kaum ausweiten. So könnten mehr Zweinutzungssorten aus dem Speisesegment oder von Stärkekartoffeln zum Einsatz in der Kartoffelverarbeitung kommen, wie es bereits in den vergangenen Monaten dieser Saison geschehen ist. Bei sehr hohen Preisen läuft der Export von Saatgut nach Süd- und Osteuropa unterschiedlich gut.