Richard Ebert
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Anleihen: Haben wir eine Rentenblase ?

Rentenmarkt vor dem Infarkt?

Boerse.ARD.de / AB (06.02.09) - Die "sichere Zuflucht" Staatsanleihen dürfte zwar auch in Zukunft relativ risikolos sein. Doch mit hohen realen Renditen können Anleger wohl nicht rechnen.

(Quelle und ausführlich weiter lesen: http://www.boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_333760)

Bild entfernt.

schalke04
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ Asamat [#40]

aus http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32168/1.html

Für das Jahr 2010 könnten wir deshalb in eine Situation kommen, die vergleichbar ist mit der Situation in den USA im Jahr 2007. Die internationalen Finanzmärkte haben wohl schon begonnen, einen Rückgang des chinesischen Wachstums einzupreisen, dessen Konsequenzen wie bei allen Bubbles zu einer deflationären Bereinigung in den chinesischen und in Folge in allen Finanzmärkten weltweit führen dürfte.

Treibt das vorab die Rentenmärkte (neben dem quantitative easing)?

Ronin
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ Asamat [#33]

Für Dein Bauchgefühl sprechen auch einige logische Überlegungen:

Die Finanzkrise hat zu Forderungsausfällen von historisch einzigartigem Ausmaß geführt. Soweit sie bilanziell verarbeitet wurden, haben sie das Eigenkapital der Banken dramatisch reduziert, was m.E. mittelbar Kaufkraft vernichtet und deflationär wirkt. Soweit sie noch verarbeitet werden müssen, bis alle Bankbilanzen marked to market anstatt marked to model oder marked to hope sind, besteht weiteres Deflationspotential.

Die Fehlinvestments (zu teuer oder überflüssig) existieren aber noch immer, von Einfamilienhäusern in den USA über Bürotürme in Dubai bis hin zu Containerschiffen in den Häfen der Welt. Das erhöht die Gütermenge über die Nachfrage hinaus, was deflationär wirkt.

Die Kapazitätsauslastung der Produktionsanlagen liegt z.B. in den USA bei rund 72 %, die Arbeitslosenrate ist hoch. Das drückt tendenziell die Preise, spricht also für Deflation.

Die Erhöhung der Staatsverschuldung und die Liquiditätshilfen für die Notenbanken sind m.E. nur dazu da, kurzfristig das an Nachfrage und Liquidität zu ersetzen, was durch die Krise weggebrochen ist. Das Geld gibt es aber nicht geschenkt, und es geht nicht unmittelbar zinslos an Bürger und Unternehmen. Auch wenn es die herrschende Meinung angeblicher Experten ist: Man möge mir im Detail darlegen, wie daraus Inflation entstehen soll. Ich kann nur erkennen, daß damit eine Depression verhindert wird und die Deflation abgeschwächt wird.

Tatsächlich hatten wir in 2009 eine Deflation!

Und jenseits aller ökonomischen Theorien gibt es ja den "Freilandversuch" Japan ab 1990, dessen Ausgangsbedingungen und Gegenmaßnahmen denen der jetzigen Finanzkrise sehr ähnlich waren. Regierung und Notenbank haben alles versucht, um wenigstens ein bißchen Inflation zu bekommen, das Ergebnis ist bekannt und widerlegt das ökonomische Dogma, daß hohe Staatsschulden, Zinsen nahe dem Nullpunkt und gigantische Liquiditätsspritzen der Zentralbank zwangsläufig Inflation erzeugen. Nach allem, was ich über den Fall Japan gehört und gelesen habe, glaube ich nicht, daß die Zentralbanken und Regierungen heute noch mehr tun können, als ihre japanischen Kollegen in den 90er Jahren getan haben.

Damit will ich nicht sagen, daß nun zwingend jahrelange Deflation zu erwarten ist. Die Rentenmärkte zeigen das m.E. auch nicht an, aber eben auch keine hohe Inflationserwartung. Der Bund Future liegt noch immer unter dem Top vom März 2009, für ausgedehnte Deflation würde ich erwarten, daß er dieses Top ganz kräftig und nachhaltig überschreitet.

Aber es spricht eben einiges für Dein Bauchgefühl.

Ronin
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Deutsche Banken haben im vierten Quartal 2009 18 Prozent weniger Darlehen an Unternehmen und Selbständige vergeben als im entsprechenden Zeitraum 2008. Für das laufende Quartal rechnet die KfW mit einem Rückgang von 17 bis 23 Prozent, für das 2. Quartal 2010 mit keiner Besserung. Grund sei die niedrigere Nachfrage der Unternehmen.

Quelle: Handelsblatt vom 09.03.10, 6:07 Uhr.

Das wirkt m.E. antiinflationär bzw. deflationär und ist ein Indiz dafür, daß die Liquiditätsspritzen der EZB nur so einzuschätzen sind, wie ich in [#43] gepostet habe.

Was noch fehlt ist ein Ausbruch des Bund Future über die 125.

xforce
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ Ronin [#43]

Deinen Ausführungen kann ich zustimmen. Das wir erst einmal in ein deflationäres Umfeld kommen war mir damals bewusst. Allerdings hatte ich bis vor einen paar Monaten noch angenommen das der Umschwung in ein inflationäres Umfeld schon Mitte oder Ende 2010 kommen wird.

Hintergrund meiner damaligen Annahme war das die wichtigsten Volkswirtschaften mit riesigen Konjukturprogrammen der Wirtschaft unter die Arme greifen und sich dabei stark verschulden. Der theoretisch einfachste Ausweg die öffentlichen (und in vielen Ländern auch die hoch verschuldeten privaten) Haushalte zu entschulden wäre über eine von den Notenbanken geduldete Inflation.

Die Rechnung würde natürlich nur dann aufgehen, wenn die Nachfrage wieder das vor Krisen Niveau erreicht und die Wirtschaft anspringt. Danach sieht es momentan aber nicht aus. Die Firmen stellen kaum ein und die Löhne erhöhen sich real kaum. In einigen, von der Krise besonders gebeutelten Ländern, sollen die Löhne zwecks Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit gesenkt werden, was deflationär wirkt. Bei den Industriegütern besteht derzeit auch ein Überhang an Kapazität., so das dort momentan nicht mit steigenden Preisen zu rechnen ist. Von der Lohn und auch Wirtschaftgüter Seite sehe ich momentan keine Inflations Gefahren.

Im Immobilien Bereich zehrt man, in den vom Immobilienboom betroffenen Ländern, aktuell noch von den Überkapazitäten. Jedoch glaube ich, das es in USA schneller bergauf gehen wird wie zb in Spanien oder Irland. Die USA haben im Gegensatz zu diesen Ländern noch einen Bevölkerungszuwachs.

Aber das billige Geld wird seinen Weg schon finden. Die Aktien und Rentenidizes zeigen wohin das Geld fliesst. Ich könnte mir vor allem im Bereich Rohstoffe und auch anderen Assetklassen für die nächsten Jahre durchaus weiter stark steigende Preise vorstellen.

Eine Rentenblase sehe ich momentan nicht. Allerdings möchte ich auch keine Langläufer haben, wenn die EZB eine Straffung ankündigt

tomxy
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Bernanke will Bestände der Fed auf Vorkrisenniveau bringen

25.03.10 - Fed-Präsident Ben Bernanke betonte bei seiner heutigen Anhörung, dass er die von der Fed gehaltenen Bestände an Wertpapieren ("Balance Sheet") wieder auf das Vorkrisenniveau von 1 Billion USD senken wolle. Durch den Erwerb von Industrie- und Staatsanleihen sowie hypothekenbesicherten Papieren hatte sich das Volumen der Bestände auf über 2 Billionen USD verdoppelt. Die Fed werde einen schrittweisen Verkauf dieser Papiere erwägen, so Bernanke weiter, der zugleich betonte, dass bereits in diesem Abbau der Wertpapierbestände eine geldpolitische Straffung liege. USD/JPY klettert im Umfeld der Bernanke-Anhörung auf ein neues Tageshoch von 92,59 und wird um 15:45 Uhr UTc nur knapp daunter bei 92,56 gehandelt. (vz/FXdirekt)

(Quelle: http://www.fxdirekt.de/index.php?id=560&newsid=74417 )

Das ist doch auch mal ein interessantes Szenario. Verknappung der Geldmenge bei gleichzeitigem Verkaufsdruck auf Anleihen. Selbst wenn wir eine Deflation bekommen (die FED scheint es anders zu sehen) werden die Kurse von Anleihen mittelfristig kaum steigen können.

Andererseits, wenn die FED die Geldmenge durch Offenmarktgeschäfte verknappt, wird sie die Zinsen wohl deutlich moderater erhöhen, da die Spielräume kleiner werden. Kollabieren soll der Markt schließlich auch nicht.

Ronin
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ tomxy [#46]

Sehr wichtiger Link, danke! Die Meldung war mir gestern im Tagestrubel ganz entgangen, habe mich nur gewundert, warum plötzlich Bund-Future, T-Notes und T-Bonds dermaßen durchsackten. Das Szenario ist übrigens nicht neu, es wird von einigen Seiten sehr gefürchtet, vermutlich auch vom US-Treasury, weshalb ich glaube, daß Bernanke dieses Instrument sehr verhalten einsetzen wird.

@ xforce [#45]

Letztlich läuft alles auf zwei Fragen hinaus:

1. Trauen wir der EZB und der Fed zu, daß sie willens und fähig sind, die Inflation klein zu halten (denn die Instrumente dazu haben sie ohne Zweifel)?

2. Werden sie proaktiv oder reaktiv handeln?

Aus den Antworten kann man dann die Auswirkungen auf den Geldwert, den Geldmarkt und den Kapitalmarkt herleiten.

Beispielsweise können Langläufer sogar profitieren, wenn die Notenbanken die Leitzinsen proaktiv anheben, also bei (noch) sehr geringen Inflationsraten. Denn dies gibt den Bondmärkten das Vertrauen, daß die Notenbanken keine Aushöhlung der in weiter Zukunft liegenden Forderungen zulassen werden. Bei reaktiver Anhebung der Leitzinsen würde logischerweise das Gegenteil gelten, schon vorher würden wegen steigender Inflationsraten die Bondmärkte in die Knie gehen.

Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen, der in der öffentlichen Diskussion kaum erwähnt wird, wenn damit argumentiert wird, eine stärkere Inflation oder gar eine gezielte Reinflationierung unter Schützenhilfe der Notenbanken würde die Verschuldungssituation der Staaten erleichtern: Selbst wenn nur zarte Ansätze solcher Ziele und Praktiken erkennbar wären, würden die Bondinvestoren sofort die langfristigen Zinsen in die Höhe treiben, durch massive Verkäufe von Beständen und durch Zurückhaltung bei Auktionen. Da die Staaten ihre Schulden regelmäßig rollen müssen und die durchschnittliche Laufzeit der Staatsanleihen nur wenige Jahre beträgt, würde der Kapitaldienst der Staaten fast so schnell steigen wie die Zinsen am Bondmarkt. Das könnte selbst AAA-Staaten schnell an ihre finanziellen Grenzen bringen. Eine kräftige Inflation würde also faktisch für die Interessen der Staaten genau das Gegenteil von dem bringen, was öffentlich von vielen Ökonomen behauptet wird. Das ist jedenfalls meine Einschätzung. Ich verweise auch hier auf das Beispiel Japan: Die extrem hohe Staatsverschuldung dort ist nur in Verbindung mit leichter Deflation und extrem niedrigen Bondzinsen durchzuhalten. Müßte Japan seine Staatsschulden mit 4 % verzinsen, wäre das Spiel aus.

xforce
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ Ronin [#47]

Interessante Ausführungen. Von der Historie ausgehend, würde ich annehmen das die Notenbanken eher reagieren als das sie proaktiv handeln. Normalerweise wird erst dann gehandelt wenn die Konjunkturdaten und andere Parameter über mehrere Monate hinweg den Notenbankern ein Signal geben.

Ronin
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Durch den starken Anstieg gestern steht der Bund Future nun dicht unter seinem Top vom März 2009. Dies, obwohl Deutschland durch die Krisen um Griechenland und Portugal mit weiteren Belastungen konfrontiert wird und der Markt deshalb höhere Renditen auch für Bundesanleihen fordern müßte.
Und dies, obwohl die Aktienmärkte seit März 2009 enorm gestiegen sind und angeblich die Wirtschaft heute wesentlich besser dasteht als vor einem Jahr, was grundsätzlich zinstreibend wirken müßte. Und dies trotz der gebetsmühlenhaft von einem ganzen Heer selbsternannter Experten in allen möglichen Medien beschworenen Inflationsgefahr.

Der Bondmarkt geht also keineswegs von Inflation aus, eher von Deflation.
Und an die große konjunkturelle Erholung scheint er, anders als die Aktienmärkte, ganz und gar nicht zu glauben.

Erklärungen für diese interessante Divergenz?

kanada
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ Ronin [#49]

Dies, obwohl Deutschland durch die Krisen um Griechenland und Portugal mit weiteren Belastungen konfrontiert wird und der Markt deshalb höhere Renditen auch für Bundesanleihen fordern müßte.

Heute habe ich irgendwo gehört, dass Deutschland als safe haven angesehen wird und das der Grund sein soll.

MfG

sbendel
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Momentan scheint sich zu entscheiden, wer den Argentinischen und wer den Japanischen Weg geht. Anscheinend werden die NetExporter wie Japan behandelt, die Anleihen dort als sicher betrachtet, auch wenn die Verschuldung zu hoch ist. Eventuell ist es aber auch nur eine automatische Deflationsspierale. Insofern hätte Deutschland (und wohl auch Italien) noch ein bisschen Zeit, bis es bei ihnen crashed, man konzentriert sich erstmal auf die schwächeren (und irgendwohin will das Geld dann ja doch). USA hat wohl den Leitwährungsbonus. UK wird interessant, ob Geld drucken besser ist als formal zu defaulten wie in den PIGS (sonst würde ich sie wie Spanien sehen, zumindest in wenn die Finanzwirtschaft international nicht mehr so geachtet ist). Portugal und Spanien müssen wohl eher zur Griechenlandkategorie gezählt werden.

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